Die Geste des Nosferatu. Ciné-Kinesis in der Stummfilmzeit, Ost und West
DOI:
https://doi.org/10.17892/app.2017.0005.59Schlagworte:
F. W. Murnau, Bram Stoker, Giorgio Agamben, Gilles Deleuze, Weimarer Republik, Stummfilm, Filmtheorie, Literatur, Geste, Zeit, Horrorfilm, Vampire, Quantenphysik, Semiotik, Kinese, Kinetik, Kinesik, Zwischentitel, Theosophie, ExpressionismusAbstract
Die Filme der Weimarer Republik haben menschliche Handlungen und Gesten in eine den Stummfilmen eigene Sprache übersetzt. Die Behauptung, dass die damaligen Schauspieler stets ein übertriebenes Melodrama aufgeführt hätten, ist eine zu starke Vereinfachung. Genauso vernachlässigt sie den Live-Kontext der Konzertsäle und Kabarette oder die Vertonungen, von denen die Filmaufführungen häufig begleitet wurden. Traditionelle “literarische” Elemente waren in filmischen Geschichten genauso vorhanden, z.B. in Form von gedruckten Zwischentiteln und Dialogkarten, Theaterkonventionen und einer von Romanen abgeleitete Erzählweise. Diese Untersuchung von F. W. Murnaus klassischem Horrorfilm Nosferatu (1922) und Der letzte Mann (1924) belegt kritisch und historisch, wie Film die moderne Geste erweitert und mobilisiert hat, indem sie aus ihrer festgelegten und heiligen mittelalterlichen Nische delokalisiert wurde. Auch erfanden Filme eine eigene künstlerische Geste durch Ausdrucksformen wie Kameraeinstellung und -führung, Special Effects, von animierten Objekten und menschlichem Tun geteilte Handlungsräume, ungewöhnliche Blickwinkel und dem Erzählen einer Geschichte allein durch Bilder. Obwohl sie nonverbal ist, ist die Bedeutungseinheit des Films von Semiotikern mit einer poetischen “Phrase” und anderen lexikalischen Entsprechungen in Verbindung gesetzt worden. Nichtsdestotrotz war die Geste in der frühen Filmkunst holistisch, dynamisch, ja sogar unlesbar auf eine Art und Weise, die eine “zweite Natur” nahelegt. Diese Fähigkeit kann großen Einfluss auf nachahmendes menschliches Verhalten haben – im Guten wie im Schlechten – und reicht bis zu unserer heutigen visuellen Sättigung, Gewalt und Videografie.Downloads
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