Maappa und die unbeherrschbaren Protagonistinnen des Kinos aus Sacha

Autor/innen

  • Adelaide McGinity-Peebles The University of Nottingham
  • Natalya Khokholova Defence Language Institute Foreign Language Center

DOI:

https://doi.org/10.17892/app.2023.00017.338

Schlagworte:

Kino der Republik Sacha, Indigene Souveränität, Indigenes Kino, Weiblichkeit, postsowjetisches Russland, Dekolonialisierung

Abstract

Die Republik Sacha, die seit mehr als dreißig Jahren eigene Filme produziert, hat in letzter Zeit weltweit Aufmerksamkeit von Wissenschaftler:innen auf sich gezogen, die sich mit dem russischen und eurasischen  Kino befassen (Damiens 2014, 2015; Strukov 2018; Romanova 2022; McGinity-Peebles 2022). In der Forschung wurde dabei häufig die Rolle des Kinos aus Sacha bei der Konsolidierung und Förderung der Identität, Geschichte und Kultur der Sacha im historischen Kontext der imperialen russischen und sowjetischen kolonialen Unterdrückung hervorgehoben. Die Darstellung der Protagonistinnen im Kino Sachas und ihrer wichtigen Rolle bei der Bildung der Identität der Sacha wurde dabei bisher jedoch nur selten thematisiert. Der vorliegende Beitrag versucht, diese wichtige Forschungslücke zu schließen, indem er sich auf die Figur der ‘unbeherrschbaren’ Protagonistin in vier Filmen konzentriert: Maappa (Aleksei Romanov, 1986), Moj ubijca / My Killer (Kostas Marsan, 2016), Pugalo / Scarecrow (Dmitrij Davydov, 2020) und Ičči / Spirit of Itchi (Kostas Marsan, 2020). In allen vier Filmen werden die Protagonistinnen in ihren jeweiligen Gesellschaften als erschreckend und grotesk angesehen und als solche verunglimpft. In jedem Film suchen diese Figuren des "monstrous-feminine" (Creed 1993) als Monster oder gespenstische Wesen Rache und repräsentieren visuell die ebenfalls widerspenstige Mutter Natur. Diese Kodierung der Protagonistin als furchterregender Naturgewalt ist in der Tat keine Besonderheit des Sacha-Kinos, sondern eine grundlegende Vorstellung innerhalb dieser Kultur. So werden beispielsweise alle Gewässer als ‘Großmutter’ (ebe) verstanden und vom Volk der Sacha als solche respektiert und verehrt. Insgesamt zeigt unsere Analyse, dass diese Protagonistinnen sich der Integration in die russifizierte Sacha-Gesellschaft widersetzen und daher für die Agenda der Filme zur Förderung der Sacha-Kultur grundlegend sind. Wir argumentieren daher, dass diese ‘unbeherrschbaren’ Protagonistinnen als ein Ort des Widerstands der Sacha gegen die koloniale Unterdrückung fungieren. Darüber hinaus hat der Archetyp der ‘unbeherrschbaren Frau’ wichtige Implikationen über das Sacha-Kino hinaus und steht im Zusammenhang mit dem filmischen Widerstand gegen koloniale (und patriarchale) Unterdrückung auf der ganzen Welt.

Screenshot from “Spirit of Itchi” (2020).

Veröffentlicht

2023-11-17

Zitationsvorschlag

McGinity-Peebles, Adelaide, und Natalya Khokholova. 2023. „Maappa Und Die Unbeherrschbaren Protagonistinnen Des Kinos Aus Sacha“. Apparatus. Film, Medien Und Digitale Kulturen in Mittel- Und Osteuropa, Nr. 17 (November). https://doi.org/10.17892/app.2023.00017.338.

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